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Warum Kommunikationsdesign studieren?


Wald vor lauter Bäumen. Kommunikationsdesign Studium studieren.

Es gibt den Ausbildungsberuf 'Mediengestalter', es gibt Kommunikationsdesigner/innen, die sind Autodidakten und überhaupt, mit einer entsprechenden App kann doch jede/r gestalten. Heute geht's um die Frage: Warum macht es dennoch einen großen Unterschied Kommunikationsdesign zu studieren?

Die Berufsbezeichnungen Arzt, Apotheker, Zahnarzt, Psychotherapeut, Tierarzt, Rechtsanwalt, Patentanwalt, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater sind geschützt (§132a StGB). Dieser Schutz soll die Allgemeinheit vor unbefugtem Gebrauch bewahren. Dadurch wird verhindert, dass die Qualität der (Arbeits-) Leistung und damit das Ansehen des Berufsstandes gewährt ist und bleibt.

Die Berufsbezeichnungen „Designer“ bzw. „Kommunikationsdesigner“ sind nicht gesetzlich geschützt. Das bedeutet, jede/r – ob mit oder ohne Berufsausbildung – darf und kann sich Designer oder Kommunikationsdesigner nennen und entsprechende Leistungen anbieten. Die Beurteilung der Qualität der (Arbeits-) Leistung bleibt der Allgemeinheit – die meisten davon sind Laien – überlassen.

Hinzu kommt, Kommunikationsdesigner ist ein sog. freier Beruf. Kreativen Freiberuflern, auch Freischaffende genannt, bleibt es selbst- bzw. eigenverantwortlich überlassen fachliche Dienstleistungen, im Interesse ihrer Auftraggeber und der Allgemeinheit, zu erbringen. Da stellt sich doch die Frage: Warum sollte man Kommunikationsdesign studieren?

Diese Frage ist am besten mit einer Gegenfrage zu beantworten: „Warum weiß kaum jemand was ein/e Kommunikationsdesigner/in leistet?“. Sieht man mal ab von der weit verbreiteten, sehr diffusen Vorstellung „Irgendetwas kreatives mit Kunst, Zeichnen, Malen, Fotografieren, Schrift, Büchern, Plakaten, Prospekten, Anzeigen, Webseiten und so.“ –

Die Antwort ist einfach, es ist kompliziert.

Kommunikationsdesign ist allgegenwärtig und deshalb so „normal“ wie ein Baum in einem Wald. Letzteres hat das gleiche Problem wie Kommunikationsdesign, weil man ihn vor lauter Bäumen oft nicht mehr sieht.

Der Mensch hat einen natürlichen Schutz vor zu vielen „Bäumen“, gemeint sind hier >Informationen. Während unsere Sinne erst einmal alles wahrnehmen, was wahrzunehmen ist, sorgt die >subjektive Wahrnehmung dafür, dass unser Gehirn nicht mit zu vielen Sinneseindrücken überfordert wird und selektiert die äußeren Reize nach der individuellen Bedeutung.

Das was für dich – ganz persönlich – wichtig ist (der Profi spricht von >Relevanz) kommt in dein Bewusstsein, alles andere bleibt außen vor. Und das gilt für andere Menschen auch.

Ein Baum ist ein Baum ist ein Baum und ein Wald ist ein Wald ist ein Wald.

Bisher hat man weltweit 60.065 Baumarten entdeckt. Allein in Deutschland stehen ca. 90 Milliarden Bäume in 90 verschiedenen Arten. Es gibt Nadelwälder und Laubwälder oder Mischwald, es gibt aber auch reine Fichtenwälder, Tannenwälder, Buchen-, Birken- oder Eichenwälder u. v. a. m.

Mit Holz bauen wir Häuser, Möbel oder Spielzeug, schnitzen Kunstwerke. Es wärmt uns, wenn wir frieren oder wir verarbeiten es für Bücher, Plakate oder Magazine. Womit wir wieder beim Kommunikationsdesign wären.

Genauso wie Wälder nicht nur Material liefern, sondern auch Erholungsorte, Sauerstofflieferanten, Kohlenstoffspeicher und Klimaanlagen sind, sind Kommunikationsdesigner nicht nur Lieferanten von grafischer Gestaltung. Sie sind außerdem Analytiker/innen, Problemlöser/innen, Manager/in/en, Soziolog/inn/en, Psycholog/inn/en, Stratege/inn/en und Berater/inn/en.

Und nicht zu vergessen! Kommunikationsdesigner sind auch Künstler/innen, allerdings keine bildenden im klassischen Sinne, denn die Leistung eines Kommunikationsdesigners ist eine Dienstleistung. Aber wie bei Künstlern auch, ist der Output das Ergebnis eines kreativen (Arbeits-) Prozesses, allerdings – im Gegensatz zur Kunst – zweckgebunden: Kommunikationsdesigner/innen schaffen, kreieren, gestalten bzw. designen Kommunikation. Siehe >Lecture 1.

Das alles kann man sich genauso wenig selbst beibringen, wie sich Ärzte, Juristen, Ingenieure, Psychologen oder Zahnärzte ihre Berufe selbst beibringen. Sie studieren.

Der große Unterschied zwischen Schule, Berufsausbildung und Studium.

Studium, kommt vom lateinischen „studere“, auf Deutsch „nach etwas streben“. Das bedeutet, wer studiert lernt nicht nur, wie in der Schule oder in einer Berufsausbildung, den vorgeschriebenen Lernstoff und berufsnotwendige Fähigkeiten oder Fertigkeiten.

Wer studiert denkt weiter, will außerdem herausfinden, was dahinter steckt, wie etwas funktioniert. Studieren bedeutet, nicht nur zu wissen und zu können, sondern zu begreifen und zu verstehen. Studieren bedeutet vor allem kritisch zu hinterfragen, das Bestehende anzuzweifeln, altes weiterentwickeln, verbessern und neues entdecken zu wollen.

Studieren bedeutet im wahrsten Sinne des Wortes neu-gierig zu sein.

Das gilt ganz besonders für Kommunikationsdesigner/innen, denn die beste Eigenschaft eines Kommunikationsdesigners ist es neugierig zu sein. Das trifft sich gut, denn in einer Hochschule ist alles darauf ausgerichtet Neugier zu befriedigen, Neues zu entdecken, zu entwickeln, zu kreieren und zu gestalten.

Es gibt gut ausgestattete Labore oder Werkstätten zum (Er-) Arbeiten und Experimentieren. Versierte Mitarbeiter zur fachlichen Unterstützung und Professoren mit unterschiedlichen Kompetenzen und Lehrangeboten, für individuelle Präferenzen und Studienziele.

Aber heißt es nicht „probieren geht über studieren“?

Abgesehen davon, dass „über“ oder „unter“ veraltete Denkmuster und im Gegensatz dazu „vernetzen“ und „ergänzen“ zeitgemäßere Begriffe sind, hat sich die Volksweisheit, dass eigene Erfahrung wichtiger ist als theoretisches Wissen, mittlerweile auch an vielen Hochschulen durchgesetzt. Jedenfalls an den meisten Fachhochschulen, auf jeden Fall in designkrefeld, dem Fachbereich Design der Hochschule Niederrhein.

Das theoretische Wissen der Welt ist nicht mehr nur in Hochschulen oder Bibliotheken, sondern überall nur noch einen Klick weit entfernt. Professoren sollten deshalb heute mehr Coaches als Dozenten sein. Selbstständiges, eigenverantwortliches Lernen, vor allem aber (aus-) probieren steht im Zentrum eines modernen Kommunikationsdesign-Studiums und nennt sich „anwendungsorientiertes Projektstudium“. Dabei werden Themen, Probleme und Fragestellungen bearbeitet, die praxisnah oder in Kooperation mit Unternehmen, Organisationen oder Institutionen durchgeführt werden.

Aus Fehlern lernen.

Vielleicht denkst du dir jetzt, dann kann ich doch gleich „learning-by-doing-mäßig" in die Praxis einsteigen und mir das Studium sparen. Ganz abgesehen davon, dass in der Berufspraxis die Strukturen und das Personal fehlen, dich systematisch auf ein kreatives Berufsleben vorzubereiten und du auch im Studium Praxissemester absolvieren kannst: Fehler im Beruf sind – aller „Trial-And-Error-Start-Up-Culture" Bekundungen zum Trotz – leider immer noch ein großes Problem.

Fehler sind in der Berufspraxis nach wie vor verpönt, gelten oft als Zeichen der Unkenntnis und Schwäche. Vor allem aber können Fehler im Beruf richtig teuer werden. Hinzu kommt der Vertrauensverlust des Auftraggebers. Im Studium dagegen haben Fehler keine negativen Auswirkungen, ganz im Gegenteil, sie sind Teil eines guten Lehrkonzeptes, sie bringen dich weiter und vor allem: du machst sie kein zweites Mal. –

Fazit: Es kommt darauf an, was du daraus machst.

Designer bzw. Kommunikationsdesigner sind keine Qualitätsbegriffe an und für sich. Es gibt auf dem kreativen Arbeitsmarkt Autodidakten, Ausgebildete und Studierte. Der oder die eine muss nicht besser oder schlechter als der oder die andere sein, zumal objektive Qualitätsmaßstäbe fehlen.

Dennoch ist es offensichtlich, dass es sehr große Qualitätsunterschiede geben muss, denn das spiegelt sich auch in niedrigen, durchschnittlichen und überdurchschnittlichen Jahreseinkommen auf dem Kommunikationsdesign-Arbeitsmarkt wieder – die Betonung liegt auf >Markt.

Daraus könnte man schließen: Es gibt schlechte, gute und bessere Kommunikationsdesigner/innen. Ein Studium ist keine Garantie ein/e gute/r oder bessere/r Kommunikationsdesigner/in zu werden, aber es bietet dir die besten Voraussetzungen dafür. –

Vielen Dank für deine Aufmerksamkeit.

©Prof. Richard Jung

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